Selbstdarstellung

Der Jugendclub Bureau – was ist das?

Allgemeines

Seit dem Einzug und der anschließenden Renovierung der Räumlichkeiten durch den Jugendclub Bureau wird der Mundschenk von einem Kollektiv unterschiedlicher Menschen betrieben. Er versteht sich als Alternative zur für nicht angepasste Jugendliche unbefriedigenden politischen wie kulturellen Infrastruktur in Su-Ro, als Treffpunkt, in welchem versucht wird, sich abseits des sonst gängigen bloßen Konsumverhaltens Freiräume zu schaffen und selbständig, aktiv und kreativ eigene Ideen und Vorstellungen umzusetzen. Dies geschieht auf unkommerzieller Basis, in Zeiten, in denen die Kapitalisierung sämtlicher Lebensbereiche sich fast durchgehend vollzogen hat. Sämtliche Aktivitäten sind somit weitgehend unabhängig von betriebswirtschaftlichen Rentabilitätskriterien, Überschüsse aus dem Kneipenbetrieb werden für Renovierungen, Umbauten, Veranstaltungen und andere Projekte verwendet. Diesem Verständnis entspricht auch die freiwillige, unbezahlte Arbeit der Mitglieder.

Theorie …

Für die BetreiberInnen ist jedoch selbstverständlich, dass sich der Jugendclub Bureau nicht allein als alternativer Treffpunkt genügt, sondern vielmehr als politisches Projekt konzipiert ist. Dies drückt sich unmittelbar durch die Organisationsform aus: alle Aktivitäten basieren auf dem Prinzip der Selbstverwaltung, dem Grundsatz der Gleichberechtigung und der prinzipiellen Ablehnung jeglicher hierarchischer Strukturen und gesellschaftlicher Herrschaftsmechanismen wie Rassismus, Sexismus, Nationalismus und Antisemitismus. All diese Ideologien gründen auf der Ausgrenzung und Unterdrückung bestimmter Gesellschaftsgruppen zum Zwecke des Herrschaftserhalts und stehen damit konträr zum Selbstverständnis des Kollektivs. Die alltägliche Realität in der Bundesrepublik – der rassistische Konsens quer durch alle Schichten ebenso wie Antisemitismus auf der Straße, in Parteien und als fester Bestandteil des "gesunden Volksempfindens", die Relativierung deutscher Geschichte und das immer brutalere Exerzieren eines Leistungsprinzips, welches Menschen in verwertbares und auszusortierendes Humankapital aufteilt, um nur einige Beispiele zu nennen – zeigt deutlich, wie wichtig es ist, hierzu Gegenpole aufzubauen.
Aus den eigenen Erfahrungen wird deutlich, dass insbesondere antisexistische Freiräume bitter notwendig sind. Sexuelle Belästigungen und Übergriffe physischer wie verbaler Art gehören zum "normalen" Erfahrungsbereich vieler Frauen, was nicht verwundert angesichts einer Gesellschaft, die Frauen nach wie vor auf ihre Sexualität reduziert und ihnen bestimmte Rollen zuschreibt: sei es als meist unterbezahlte "Dazuverdienerin", als Verantwortliche für die Reproduktion männlicher Arbeitskraft durch unbezahlte Hausarbeit, als Zuständige für das seelische Wohlergehen der Familie oder als Objekt zur sexuellen Befriedigung des Mannes. Patriarchale Strukturen und Denkmuster sind jedoch keine ausschließliche Domäne der gesellschaftlichen Mitte und der Rechten, sondern finden sich immer wieder auch in der Linken beziehungsweise in deren Umfeld. Gerade deshalb ist bei dieser Thematik eine besondere Sensibilität gefordert, ebenso wie eine ständige Reflexion eigenen Verhaltens.
Der Jugendclub Bureau wendet sich ebenso prinzipiell gegen jeden Nationalismus, da er nur der Aufrechterhaltung von Herrschaft dient. Der Gedanke, dass generell alle Staaten und Nationen abzuschaffen sind, lässt sich jedoch angesichts der momentanen gesellschaftlichen Konstellationen wohl kaum umsetzen. Dies macht bestimmte Differenzierungen notwendig: Angesichts der spezifischen Geschichte, der hierzulande besonderen völkischen Ausprägung des Nationalismus und des seit 1989 immer stärker werdenden Strebens des vereinten Deutschlands, im Weltmaßstab wieder eine führende Rolle einzunehmen, richtet sich dieser Anspruch insbesondere gegen deutschen Nationalismus und Patriotismus.

… und Praxis

Das Kollektiv versteht sich jedoch nicht als politische Gruppierung im "klassischen" Sinn, das heisst, es tritt weniger mit politischen Aktionen ( wie z. B. Infoständen, Demonstrationen, Flugblätter verteilen etc. ) nach außen hin auf, sondern sieht seine Aufgabe vielmehr in der Schaffung und Aufrechterhaltung einer Infrastruktur, die die Arbeit linker Gruppen auf lokaler und überregionaler Ebene unterstützt oder ermöglicht. Dies geschieht durch die Bereitstellung von Räumlichkeiten für politische Veranstaltungen (Lesungen, Diskussionen, Sitzungen etc. ) ebenso wie durch finanzielle Unterstützung linker Projekte und Initiativen durch Spenden und Solidaritätsparties.
Mit einem eigenen kulturellen Programm ( Kinoabende, Konzerte, Ausstellungen, musikalische Themenabende...) wird darüberhinaus versucht, eine Art Gegenkultur zum Mainstream aufzubauen, Menschen auch außerhalb der "Szene" zu erreichen, und Akzeptanz für die Ideen des Kollektivs und der in seinem Umfeld aktiven politischen Gruppen zu schaffen. Regelmäßige Kneipen-Öffnungszeiten sollen unter anderem den Austausch zwischen politisch engagierten und bislang wenig aktiven, jedoch an linker Politik interessierten Menschen ermöglichen. Im Interesse einer möglichst großen Breitenwirkung werden sämtliche Veranstaltungen mit eigenen Plakaten, Flyern und Artikeln in der lokalen Presse angekündigt, bei größeren Veranstaltungen werden auch Radio- und Fernsehsender sowie überregionale Zeitungen berücksichtigt.

Organisatorisches

Der Anspruch einer hierarchiefreien Organisation erfordert ein hohes Maß an Kommunikation untereinander. Um die Kontinuität der Gruppe zu gewährleisten, einen gleichen Informationsstand aller Beteiligten zu erreichen und eine adäquate inhaltliche Auseinandersetzung mit allen relevanten Themen zu ermöglichen, sind regelmäßige Treffen unumgänglich. Auf diesen Sitzungen können jedoch nicht alle Detailfragen erörtert werden. Um die Bewältigung der regelmäßig anfallenden Aufgaben zu effektivieren, werden deshalb verschiedene Arbeitsgruppen gebildet.
Die AGs sind jedoch lediglich für die Organisation und das Funktionieren ihres Aufgabengebietes verantwortlich. Es widerspricht den politischen Vorstellungen des Mundschenk-Kollektivs, wenn bestimmte Tätigkeiten stets von den gleichen Leuten übernommen werden (müssen), oder wenn umgekehrt einzelne AGs eigenmächtig grundlegende Entscheidungen treffen und umsetzen. Die AGs müssen für sämtliche Mitglieder jederzeit transparent bleiben, alle Ideen und Ergebnisse der AGs werden auf den regelmäßigen Sitzungen vorgetragen und diskutiert, letztendliche Entscheidungen von allen Aktiven gemeinsam getroffen. Um Hierarchien zu vermeiden und die Handlungsfähigkeit des Kollektivs auch bei dem Wegfall Einzelner zu gewährleisten, muss trotz der notwendigen Arbeitsteilung das oberste Ziel sein, dass letztendlich alle Beteiligten in der Lage sind, alle anfallenden Aufgaben zu übernehmen.

Geschlossene Gesellschaft kontra offene Räume

Die Struktur des Mundschenks ist offen. Mitarbeiten und mitentscheiden kann also jede/r, die/der die Ideen des Mundschenks und das vorliegende Konzept unterstützt und mitträgt. Ebenso sind die Kneipenabende und die Veranstaltungen grundsätzlich für alle offen, ein breiteres Publikum ausdrücklich erwünscht. Entsprechend den oben aufgeführten politischen Ansprüchen des BetreiberInnen-Kollektivs werden jedoch rassistische, sexistische, nationalistische oder antisemitische Äußerungen und Verhaltensweisen nicht geduldet. Als explizit linkes und unangepasstes Projekt ist sich das Kollektiv bewusst, dass es eine beträchtliche Zahl von Leuten gibt, denen der Mundschenk ein Dorn im Auge ist und die seine Schließung gerne sehen würden. Diesen Bemühungen soll zumindest kein formeller Anlass gegeben werden. In diesem Zusamenhang ist klar, dass der Konsum illegalisierter Drogen in den Räumlichkeiten des Mundschenks nicht erlaubt ist.
Alle jedoch, die von der Notwendigkeit linker Freiräume überzeugt sind und die an diesem Projekt mitarbeiten und es weiterentwickeln wollen, sind herzlich willkommen.